Berlin: Angesichts der dramatischen Umsatzeinbrüche in der deutschen Textil- und Modeindustrie gibt es in der kommenden Tarifrunde keinerlei Verteilungsspielräume.
Verhandlungsführer Markus Simon: „Die deutsche Textil- und Modeindustrie ist auf der Intensivstation. Die Forderung der IG Metall ist absolut realitätsfern und unverhältnismäßig. Wo Umsätze im freien Fall sind und jetzt noch das Weihnachtsgeschäft auszufallen droht, gibt es nichts zu verteilen. Im Gegenteil: Es geht um die Existenz zahlreicher Unternehmen!“
Besonders betroffen von der Corona-Pandemie ist die deutsche Bekleidungsindustrie, die Lockdown-Monate mit bis zu 45 Prozent Umsatz-Minus zu verkraften hatte. Die zweite Corona-Welle und die Verlängerung der Kontaktbeschränkungen bis Weihnachten und wahrscheinlich darüber hinaus treffen die mittelständischen deutschen Modemarken mit voller Wucht. Auch bei den innovativen technischen Textilien sind die Umsätze teilweise um fast 25 Prozent zurückgegangen. Erschwerend kommt hinzu, dass sich die Umsätze bereits um die Jahreswende 2019/2020 deutlich negativ entwickelt haben. Nach einer aktuellen Umfrage unter den 1 000 zumeist mittelständischen Unternehmen der westdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie wird es mindestens zwei Jahre dauern, sich wieder auf Vorkrisenniveau zurückzuarbeiten.
Markus Simon: „Wir gehen in eine Tarifrunde, die keiner von uns so je erlebt hat. Es geht dabei um die Überlebensfähigkeit der Textilindustrie in Deutschland. Noch ist es uns als Arbeitgeber trotz der massiven Umsatzverluste gelungen, die Beschäftigtenzahlen weitgehend zu halten – auch dank Kurzarbeit. Jetzt geht es um die Frage, wie eine Pleitewelle unter unseren weltweit hoch angesehenen mittelständischen Textilunternehmen verhindert werden kann. Alte Rituale werden hier nicht die Antwort sein.“
Die Arbeitgeber der westdeutschen Textil- und Modeindustrie haben erst in diesem September trotz Corona die Löhne um 2,3 Prozent erhöht. Markus Simon: „Trotz der Corona-Pandemie und ihrer schweren wirtschaftlichen Folgen sind wir verlässliche Arbeitgeber, die zu ihrem Wort aus der letzten Tarifrunde stehen. Das muss jetzt mit eingerechnet werden, wenn wir überhaupt eine Chance aufs Überleben haben wollen.“
Mit Strompreisen und Energiekosten, die kommendes Jahr weiter in die Höhe schnellen, befürchtet auch die deutsche Textilindustrie international nicht mehr wettbewerbsfähig zu sein. Markus Simon: „In der Corona-Pandemie haben viele Textilunternehmen unter Beweis gestellt, wie gut es ist, eine eigene Industrie im Land zu haben, die Schutzmasken und Schutzkleidung produzieren kann. Dank engagierter Belegschaften ist es gelungen, Engpässe schnell zu beseitigen. Hier haben wir gezeigt, dass wir gemeinsam Wege aus der Krise finden. Dies muss uns jetzt auch in der Tarifrunde gelingen. Nur mit einer gemeinsamen Kraftanstrengung werden wir unsere Unternehmen am Standort Deutschland halten können. Es gibt deshalb nur einen Weg: Wir müssen der Realität am Verhandlungstisch ins Auge schauen.“
Die Tarifverhandlungen für die 100 000 Beschäftigten der westdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie beginnen am 8. Dezember.
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